mozart 100

Bericht von Gernot Bauer:

Schon wieder Stufen! Was haben die sich wohl dabei gedacht und nur so verdammt viele Stufen in die Berge hier in Salzburg reingebaut. Ohne Übertreibung bin ich heute schon über 1000 Stufen hauptsächlich bergab gelaufen, nein besser gesagt gegangen. Meine Waden sind am Ende, nachdem sich schon vor Stunden meine Oberschenkel in Matsch verwandelt haben. Aber mein Kopf freut sich, den mit dem Kapuzinerberg mitten in der Stadt ist dann auch der letzte Berg geschafft und der Zieleinlauf am Kapitelplatz in Salzburg sicher. Die 2 Kilometer gehen bzw. laufen auch noch und mein Ziel, unter 12 Stunden, habe ich dann auch geschafft.

Losgegangen ist das alles um 7 Uhr in der Früh in Fuschl am See und vor mir lagen 75km mit ca. 3800HM auf wunderbaren Trails, gespickt mit ein paar Bergen. Durch den Frühnebel konnte man die Berge nicht wirklich ausmachen, aber schon nach ein paar km ging es los mit dem Aufstieg auf den Zwölgerkogel, dessen Gipfelkreuz nach 10km erreicht war. Oben herrlicher Sonnenschein, lag das Salzkammergut zu unseren Füssen noch in einer Nebeldecke. St. Gilgen war damit nicht zu sehen, aber der Schafberg dafür umso deutlicher. Der sollte als nächstes dran sein. Runter ging es zuerst und das nicht zu langsam. 1000HM bergab galt es auf 5-6km zu laufen.

Für die Oberschenkel eines Mühlviertlers nicht das leichteste und daher auch nur mit angezogener Handbremse bewältigt, stärkte ich mich kurz in St. Gilgen und begann danach mit dem Aufstieg auf die Schafbergalm. Geht ja noch gut und oben, wieder in der Sonne, fühlte es sich noch richtig gut an. Die ersten Staffelläufer der 108km Strecke überholten mich schon. Aber mit einem Florian Grasel, der beim UTMB vorne mitmischt, brauchst erst gar nicht versuchen mitzulaufen. Runter nach St. Wolfgang an den Wolfgangsee spürte ich zum ersten Mal die Belastung der langen Abstiege, aber nach dem Falkenstein rüber nach St. Gilgen sollte es damit eh schon zu Ende sein.

Danach lagen wellige Trails vor mir und diese Aussicht lies mich da mal runter rollen vom Schafberg. Beim 2. Mal in St. Gilgen lies ich es schon langsamer bei der Labe angehen, füllte meine Flasks auf, tratschte noch mit meiner Tochter und meiner Mutter und machte mich auf nach Fuschl retour. Leicht rauf auf den Zwölferkogel, aber eben nur ein kurzer Anstieg und dann rechts abgebogen um über mehrere An- und Abstiege nach Fuschl zu gelangen. Dort lag mein Dropbag und dort hatte ich auch eine ordentliche Pause, es war ja auch schon Mittagszeit, eingeplant. Die damit geschafften 45km mit über 2500HM waren landschaftlich ein Traum. Den Beinen haben sie nicht so gutgetan, aber was soll`s dachte ich mir, 30km mit 1000HM bist im Training auch schon öfters gelaufen.

Also in Fuschl ordentlich gestärkt, mit der Familie vor Ort und per FaceTime Anruf gequatscht und nach ca. 10 Minuten ging es ab nach Salzburg. Meiner Meinung nach sollten eh nur noch 2 Berge, Nockstein und Kapuzinerberg, warten. Das wird schon nicht so schlimm werden. Entlang vom Fuschlsee, auf einem Wanderweg an der Nordseite, hat es mir mein Körper dann spüren lassen. Zu viel gegessen oder getrunken, aber auf alle Fälle wollte ich schon ein paar Wanderer um ein paar Taschentücher bitten. Da wollte definitiv was wieder von der Labe raus, nur wo war ich mir nicht sicher. In der prallen Sonne, wenn einem übel ist und auch wenn die schönste Landschaft vor dir liegt, willst du in so einem Zustand nicht mehr laufen und so wurden die Gehabschnitte immer länger. Zumindest blieb mal alles drinnen und am Ende vom Fuschlsee, als die nächsten Bergaufpassagen begannen, beruhigte sich auch der Kopf wieder.

Nur etwas zu mir zu nehmen, dazu konnte ich mich nicht überwinden. Daher lies ich die nächste Labe nach ca. 54km aus und lief locker lässig durch, auch wenn es kurz danach wieder mehr Geh- als Laufschritte waren. Von weiten konnte ich da den Nockstein schon sehen, der für meinen Kopf zu diesem Zeitpunkt, ein wenig zum entscheidenden Berg geworden war. Wenn ich da rauf und drüber komm, dann habe ich es geschafft, dann ist ein finishen so gut wie unausweichlich, da wird dann nichts mehr passieren. Das schaffst du noch, der schaut nichts so steil aus und eine Labe kommt auch noch vorher. Mit diesen immer wiederkehrenden aufmunternden Gedanken erreichte ich die letzte „große“ Labe auch noch.

Dort gab es, neben reichlich fester Nahrung, auch gut gekühltes reines Wasser und es schmeckte sogar und was noch wichtiger war, mein Magen hatte sich beruhigt und daher füllte ich meine Vorräte wieder vollständig nach. An Essen oder auch nur an ein Gel, und die hatte ich noch zuhauf, konnte ich aber immer noch nicht einmal denken. Da aber weit und breit kein Krampf zu spüren war, war mir das auch egal. Nach der Labe begann ein Aufstieg, den ich so nicht erwartet hatte. Bald schon war mir klar, dass da ein richtiger Scharfmacher vor mir lag. Hohe natürliche Stufen über Wurzeln und Steine und alles im sehr steilen Gelände. Wie kommen ich da bloß hoch, meine Beine hatten nicht mehr viel Kraft über, und wie soll ich da nur wieder runterkommen?

Die hatten uns ganz klar im Race Briefing gesagt, dass wir nur dort noch rauf laufen sollen, wo wir uns auch sicher sind, dass wir auch heil runterkommen. Da kommt keiner und hilft dir und ganz sicher keine Bergrettung. Da das ganze zwar eine gefühlte Ewigkeit so raufging, aber in Wirklichkeit doch nicht so lang war, stand ich auf einmal ganz oben und lächelte in die Kameras, der am Boden liegenden Fotografen. Da willst du dann auf einmal ganz leichtfüßig wirken. Und der Abstieg, ja der war dann die befürchtete Hölle, Stufen begannen und nahmen kein Ende mehr. Bei jedem Tritt war die Angst vor einem Krampf in meinem Nacken. So wie bei einem Läufer dem ich die Hälfte meines Wassers gab, da er vor lauter Krämpfe nicht mehr weiterkonnte.

Er sollte sich dann doch rasch erholen, da er nur kurz hinter mir ins Ziel kam und sich mehrmals bei mir bedankte. Am Fuße des Nocksteins, schon in Salzburg angekommen, waren alle schlechten Gedanken weg. Ein Finish war so was von klar für mich, dass ich ein richtig gutes Gefühl bekam. Aber keine Angst, ein richtiges Laufen, war trotzdem nicht mehr drin.
Rüber zum Kapuzinerberg und von der Salzburg-Gnigl Seite rauf. Kurz bei der letzten Wasserlabe nachgedankt und rein in die letzte Stufenschlacht. Powerwalking glaub ich, nennt man das. Oben konnte ich wirklich noch auf den Trails ein wenig laufen, bevor es, was sonst, über viele viele Stufen wieder runterging. Als ich endlich unten angekommen war, begann der lang gedehnte und ersehnte Genusszieleinlauf. Polizistinnen sperrten Straßen für mich ab, damit ich, hahaha, keine Zeit mehr verliere.

Ich bedankte mich bei einer jeden und auch die vielen Passanten am Mozartplatz, Domplatz und beim Ziel am Kapitelplatz applaudierten zahlreich. Was für ein Genuss! Die Ziellinie überschritt ich nach 11h40min41sec, nach ca. 75km und fast 3800HM. Stolz und mit einer Freude im Gesicht, es tatsächlich geschafft zu haben, erfuhr ich auch davon, den 16. Gesamtrang und den 2. Platz in meiner Altersklasse (bei den alten Männern) erreicht zu haben. Was für ein krönender Abschluss für einen genialen Lauf und einer unglaublichen Anstrengung.

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